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Im Zuge von Teil 9 der Osthessen News-Kolumne von Denise Finke, Inhaberin der Hebammenpraxis Hand aufs Herz in Fulda, der sich mit der Enttabuisierung und Aufklärung von Aborten, Abbrüchen oder stillen Geburten beschäftigt, durfte ich einige Fragen zum Thema Sternenfotografie beantworten. CN: Erwähnung von Schwangerschaft und Fehlgeburt


Wie heißt du, wie alt bist du und wo kommst du her? Seit wann bist du Sternenkindfotografin?

Mein Name ist Marie-Luise Härtel, ich bin 28 Jahre alt, Mama einer fünfjährigen Tochter und komme gebürtig aus Fulda. Zwischenzeitlich habe ich zum Studium in Mainz gelebt und bin mit meinem Umzug zurück in die Heimat 2020 der Stiftung Dein Sternenkind beigetreten, …

Warum bist du Sternenkindfotografin geworden?

… um Eltern von Sternenkindern die Möglichkeit zu geben, sich ihr Leben lang mit Bildern an ihr Kind zurückerinnern zu können, ohne der Gefahr zu laufen, dass die Erinnerungen verblassen. Denn das Kind war da. Es war auf der Welt und hat einen, wenn auch viel zu kleinen, Fußabdruck hinterlassen. Vor allem möchte ich den Eltern damit auch bei der Traueraufarbeitung und Verarbeitung des Geschehenen helfen.

Machst du das nebenbei als Herzensprojekt? Was machst du beruflich?

Seit 2015 fotografiere ich nebenberuflich Familien und halte Momente in authentischen und natürlichen Bildern fest – angefangen bei Hochzeiten, über Schwangerschaften, bis hin zu Generationsshooting. Vor einigen Wochen durfte ich die für mich erste Geburt fotografisch begleiten und bin sehr dankbar dafür, dass Eltern mir das Vertrauen schenken, bei solchen magischen Momenten dabei sein zu dürfen. Das ehrenamtliche fotografieren von Sternenkindern, fügt sich also zu all meinen anderen fotografischen Tätigkeiten. Hauptberuflich arbeite ich noch als Motiondesignerin beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Wie wirst du beauftragt? Kommen Eltern auf dich zu, vermitteln dich Hebammen?

Jeglicher Einsatz läuft über die Stiftung Dein Sternenkind. Eltern und Hebammen, für die ich bereits tätig war, haben mich auch schon privat kontaktiert. Ich verweise sie dann aber immer auf www.dein-sternenkind.eu, damit der Einsatz über die Stiftung läuft und ich auch auf datenschutzrechtlicher Seite abgesichert bin. Über eine App werden daraufhin alle Dein Sternenkind-Fotograf*innen des Zuständigkeitsgebiets (ein Radius von ca. 130km) über einen neuen Einsatz alarmiert. In einem Online-Forum werden dann schnellstmöglich verschiedene Zeitslots und Backups von freien Fotograf*innen besetzt, da die Geburt der Sternchen nicht selten gerade erst eingeleitet wird und sich über mehrere Tage ziehen kann. Ist das Kind geboren …

Wann fotografierst du Sternenkinder? Wie lange nach einer Geburt?

… fährt der/die zuständige Fotograf*in zeitnah los, um die Bilder zu machen. Vor allem frühe Wochen verändern sich nach der Geburt sehr schnell – durch die dünne Haut verliert der kleine Körper schnell Flüssigkeit und sackt daraufhin in sich zusammen. Um diesem Prozess etwas entgegenzuwirken und sich gleichzeitig Zeit zu verschaffen, lassen wir ein Sternchen (bis zur 24. SSW) nach der Geburt gerne in kaltes Wasser legen. Liegt das kleine zerbrechliche Wesen mit seinen filigranen Adern und Fingerchen in einem Glasgefäß, können wunderschöne Bilder entstehen. Aber auch bei älteren Wochen ist es ratsam, zeitnah zu fotografieren, da die Leichenstarre relativ schnell einsetzt und sich der Körper schnell verändert.

Worauf achtest du beim Fotografieren?

Es gibt zwei wesentliche Unterschiede beim Fotografieren – das Fotografieren mit den Eltern/Geschwistern oder nur mit dem Kind, da manche Eltern beim Fotografieren nicht anwesend sein möchten. Ist die Familie des Sternchens anwesend, verstehe ich mich eher als stille Beobachterin und halte die Emotionen der Familie bei der Verabschiedung ihres Kindes mit der Kamera fest. Daraufhin mache ich (Abhängig von Schwangerschaftswoche und Situation) noch einzelne Fotos vom Kind, indem ich …

Wie fotografierst du die Sternenkinder? Haben sie etwas bestimmtes an?

… es in verschiedenen Positionen und unterschiedlichen Einstellungen fotografiere. In der Regel ist in den Kliniken Kleidung für Sternenkinder vorhanden, sodass das Kind bekleidet in einem kleinen Körbchen liegt, wenn ich eintreffe. Für den Fall, dass dies nicht so ist, habe ich aber auch immer noch Kleidung, entsprechend der SSW, Deckchen und Erinnerungsstücke dabei. Ich ziehe das Kind Teil für Teil vorsichtig aus und lasse Fotos entstehen, die das Sternchen mit all seinen Besonderheiten festhalten. In der Bildbearbeitung retuschiere ich manchmal Blutflecken, Käseschmiere, Totenflecken … verändere das Kind optisch aber in keinster Weise, da die Eltern es so perfekt unperfekt in Erinnerunge behalten sollen, wie es bei ihnen war.

Wie nimmst du die Stimmung während der Shootings wahr?

Treffe ich in der Klinik ein und stehe vor der Zimmertür, atme ich immer erst einmal tief durch. Von der Hebamme bekomme ich vorab meistens kurz etwas zum Fall erzählt, vor allem dazu, in welchem Zusammenhang das Kind verstorben ist. Im Zimmer habe ich schon die unterschiedlichsten Stimmungen erlebt – von Gefasstheit, über Trauer, Angst, Sorge bis hin zu Wut. Ich weiß nicht, wer anwesend sein wird, ob Geschwisterkinder dabei sind und inwieweit sich der Körper des Sternchens schon verändert hat. Betrete ich das Zimmer, ist dort aber eins vor allem zu spüren: Ganz viel Liebe für den kleinen Menschen, der viel zu kurz früh zu den Sternen reisen musste.

Gibt es etwas, das dich persönlich jedes Mal aufs Neue sehr berührt?

Genau das. Die Liebe in diesem Raum, mit so vielen Gefühlen für das kleine Wesen, das in den Armen der Eltern liegt und gestreichelt wird, wie als würde es nur friedlich schlafen.

Wie oft machst du solche Fotos?

In Zeiten, in denen ich beruflich und familiär flexibel bin, reise ich, um ein Sternchen zu fotografieren, auch mal nach Gießen oder Frankfurt. Ich erinnere mich an ein Sternchen, das ich in Frankfurt fotografieren sollte. Angekommen, fragte mich die Seelsorgerin, wie viel Zeit ich hätte, da es noch weitere Sternchen gab. Aus einem geplant zu fotografierenden Sternchen wurden dann auf einmal vier Sternchen unterschiedlichster Wochen. Im Vergleich zu z. B. Frankfurt oder Gießen kommen in Fulda relativ wenige Einsätze rein. Dies kann zum einen mit wenigen Sternchen, aber eben auch mit fehlender Aufklärung bei Klinikpersonal und Eltern zusammenhängen, …

Warum ist das, was du machst, wichtig?

… weshalb es umso wichtiger ist, dass Hebammen aufklären und das Thema Enttabuisieren. Zahlreiche Eltern haben mir auch noch lange nach der Geburt geschrieben, wie dankbar sie dafür sind, diese Bilder zu haben. Wie sehr sie ihnen bei der Verarbeitung helfen und wie froh sie sind, ihr Kind auf Bildern Angehörigen, wie Geschwisterkindern, Großeltern oder Freunden, zeigen zu können, da sie leider nie die Möglichkeit haben werden, es kennenzulernen.



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